Guten Abend zusammen,

Anbei mal ein kurzer Bericht über eine etwas „spezielle“ Baustelle in Schopfheim-Fahrnau.

Es Handelt sich um einen (Ehemalige) Gemeinschaftsunterkunft, welche wir auf Bitte des Landratsamtes eigentlich mit Freifunk versorgen sollten. Leider gab es da aber gehörige Probleme.

Die Telefonleitung im Technikcontainer schafft Aufgrund der Leitungslänge leider kein VDSL, es reicht gerade mal für knapp 6Mbit RAM-DSL. Leider hängt diese Leitung auch noch an einer Hauptleitung welche auf einen der letzten „alten“ DSLAMs führt welche Probleme haben mit der Umrüstung aufgrund des Alters der Anbindung. Wie man sieht leider keine guten Voraussetzungen.

Daher wurde natürlich nach Alternativen gesucht. Ganz klar, am besten wäre Glasfaser der Telekom oder Unitymedia. Leider liegt aber halt nichts in unmittelbarer Nähe, somit wären Baggerarbeiten notwendig gewesen. Da sich die Containersiedlung in unmittelbarer Nachbarschaft des „Gottesackers“ befindet, ist eine Genehmigung für Erdarbeiten da leider nicht einfach zu bekommen, die Hürden sind sehr hoch und das dauert. Also war die nächste alternative eine Funkbrücke zu einem Gebäude welches über eine schnelle Netzanbindung verfügt. Dieses wurde in der Nachbarschaft auch gefunden. Leider waren die Besitzer nach anfänglicher Zusage auf einmal nicht mehr bereit ihr Versprechen bezüglich der Standortnutzung einzuhalten. Als Grund wurde angegeben das die „Asylanten“ ja schon genug bekommen würden usw. Der wirkliche Grund wurde erst ein paar Wochen später klar, als mir eine befreundete Firma mitteilte, es wurden Zettel in der Gegend verteilt mit dem Ziel das die Container möglichst schnell wieder wegkommen. Dies sollte durch Boykott jeglicher Hilfe für die Bewohner erreicht werden. Sehr Armselig so etwas aber für uns nicht zu ändern.

Also wurde weitergesucht. Zwischenzeitlich ergab sich auch eine Änderung. Aus der GU wurde eine AU (Anschlussunterbringung) die vom Landratsamt an die Stadt Schopfheim übergeben wurde. Daher ist nun Schopfheim der Betreiber der Gebäudeinfrastruktur vor Ort. Nach einem vor Ort Termin, wurde von der Stadt Schopfheim an uns ebenfalls der Wunsch herangetragen die Container zu versorgen. Nach weiteren vielen (leider vergeblichen) Versuchen einen Standort zu finden ergab sich ein Lichtblick.

Die Städtische Wohnbau Lörrach teilte mir auf meine Nachfrage hin mit das in der Gegend ein frisch Saniertes Gebäude von ihnen Steht welches in Frage kommen könnte.

Also fuhr ich am nächsten Tag sofort vor Ort vorbei um mittels Fernglas die potentielle Funkstrecke anzusehen. Das war ein Treffer, zwar einige Bäume im Weg aber dann setze ich den Sender hat aufs Dach der Container, nicht an die Fassade und kann aufgrund der Höhe durch die Baumwipfel husten.

Nach positiver Rückmeldung an Stadt Schopfheim sowie Freigabe derselben wurde sogleich das Material bestellt und vorbereitet. Einige Tage später war es dann soweit, die Installation konnte beginnen.

Es wurde ein Hauptschrank montiert im Technikcontainer, sowie in jeden Containerblock ein kleiner „Minischrank“.

Der Hauptschrank beinhaltet sauber auf einer Montageplatte aufgebaut den Futro (nur Hauptplatine), 8-Port VLAN-Switch von TP-Link, Splitplatine für zwei Netzwerkverbindungen in Container 2 & 4 (dazu unten mehr) und eine dreifach Schukosteckdose.

Aber der Reihe nach:

Der Futro wird extra „nackt“ Montiert, dies sorgt für eine Platzersparnis und auch für bessere Kühlung, bei hoher Systemlast über Stunden sind 70 Grad am Kühlblech sonst flott erreicht und es wird runtergetaktet um die Verlustwärme zu reduzieren. Dadurch wird allerdings das ganze sehr langsam.

Der 8-Port VLAN-Switch verwaltet drei VLANs. Das Client-Vlan an dem der LAN-Port des Futros dranhängt, sowie die ganzen TP-Link EAP110 Wlangeräte. Das Internet-Vlan welches das „rohe“ internet zum WAN-Port des Futro transportiert, dadurch wird erreicht das der Uplink flexibel ohne riesen Kabelverlegearbeiten an jeden der Container montiert werden kann. Auch kann man damit Problemlos die Funkbrücke erweitern um andere Standorte zusätzlich zu erreichen. Das dritte Vlan ist das Management-Netz, nur über dieses Netz sind die Weboberflächen der Wlan-Geräte erreichbar. Durch das Splitting wird eine Sicherheit erreicht das niemand aus dem Clientwlan mittels Bruteforce in die Hardware einbrechen kann.

Die Splitplatine: Nun ja das ist ein wenig „Retro“ wie David sagen würde und er muss das wissen da er auch in der „alten“ Netzwerktechnik fit ist. Aber manchmal sind die alten Ideen die schon vor längerer Zeit geschaffen wurden immer noch Topaktuell und schon gar nicht schlecht.

Der Hintergrund: In den Anfangszeiten der CAT-Vernetzung waren die Leitungen noch ziemliche Exoten und daher sehr teuer. Gigabit gab es noch nicht, bzw war später sogar für große Firmen noch unerschwinglich oder Rechnete sich vom Aufwand her nicht. 100Mbit, also das „Fast Ethernet“ waren das Maß der Dinge und das reichte auch lange Zeit. Die Netzwerkleitungen waren aber trotzdem 4-paarig, hatten also 8 Drähte. In viele Büros usw, wurde damals eine Leitung gezogen. Doch irgendwann sollte in dem Büro evtl auch noch ein Systemtelefon stehen, das braucht aber einen eigenen Anschluss (mit 4 Drähten). Kompatibilität mit Netzwerktechnik war Fehlanzeige da die Telefone über die Leitungen auch mit Energie versorgt wurden (bis zu 75 Volt!). Aber Moment, Fast Ethernet verwendet nur 2 Drahtpaare (Paare 1+2 & 3+6), der Rest ist unbelegt und langweilt sich. Da wurden die „Leitungssplitter“ erfunden. Das war zwar keine Hightech (nix Elektronik drin) sondern nur ein schlau verdrahtetes Y-Kabel aber das hatte es in sich! Dadurch wurden aus einer Netzwerkbuchse schnell zwei Stück und sicher auch vielen Administratoren unzählige Wochenenden gerettet welche sonst mit Kriechen im Kabelschacht draufgegangen wären. Einen Nachteil haben die Leitungssplitter allerdings damals wie auch heute noch. Ein Verdrahtungsfehler beim Stecker Pressen oder beim Dosenanschluss sorgt für Lustige Fehler, besonders wenn bei zwei unabhängigen Netzwerken auf einmal die TX-Leitungen vertauscht sind. Kaputt geht zwar nix aber funktionieren tut halt auch nix außer den Bad-Packet Zähler astronomisch zu erhöhen. Gemeiner ist es wenn auf so einer Leitung noch ISDN übertragen wurde. Die knapp 90V waren eigentlich jeder Netzwerkkarte und auch jedem Switch definitiv zu viel und die Ferritübertrager machten zügig den Deckel auf. 🙂

Vom Technikcontainer liegt in jeden Containerblock ein Netzwerkkabel als Erdkabel (dicker schwarzer Prügel, sehr stabil). In zwei Containern ist das soweit kein Problem, Minischrank daneben und die Leitung in die Kiste rein wo der 5-Port Switch weiter verteilt. Bei den zwei verbleibenden Containern ist das aber nicht so einfach, diese Leitungsenden hängen im Nassbereich. Ich darf und will da also keine Netzspannung drin haben, auch weil da ein haufen Kinder rumschwirren denen die Gefahr vom Strom und Wasser schwer zu vermitteln ist. Switch und Router brauchen aber Strom um zu funktionieren. Also kommt nur PoE+ in Frage. Die Minischränke beinhalten keinen Switch sondern das Gegenstück zur Splitplatine. Diese macht nichts anderes wie von der kommenden Leitung die Paare 1+2 & 3+6 auf eine RJ45 Buchse zu führen. Die verbleibenden Paare 4+5 & 7+8 werden dann auf eine zweite RJ45 Buchse geführt. Die RJ45 Buchsen zu den Routern, wie auch im Hauptschrank zum Switch haben die normale 100Mbit Belegung der Paare 1+2 & 3+6. Dadurch werden über ein Kabel zwei unabhängige 100Mbit Netze geführt. Die Stromversorgung von max. 24 Volt (normal bis 48V, hier aber absichtlich auf 24V Limitiert) wird den Datenleitungen überlagert wie es der Standard für PoE+ vorschreibt (das erledigt ja der Switch der ab Werk ein normkonformes Einspeisemodul drinnen hat). Somit ist in den zwei Minischränken kein Netztransformator notwendig und ich brauche auch keine Ventilationsöffnungen über die zwar Wärme raus, aber auch Wasser rein könnte. Die Vorgaben der Niederspannungsrichtlinie sind somit erfüllt und keine Gefahr durch hohe Spannung vorhanden.

Das Prinzip der Leitungssplitter ist mindestens 20 Jahre alt, wird aber in vielen Firmen heute noch genutzt, wenn auch nur als Interimslösung bis ein weiteres Kabel gezogen wurde. Funktionieren tut das immer noch Problemlos da alle Netzwerkgeräte Abwärtskompatibel zum Fast Ethernet Standard sind. Da viele der Freifunkgeräte sowieso nur über einen 100Mbit Anschluss verfügen (und auf dem 2,4Ghz Netz dieser Speed sowieso selten erreicht wird wegen hoher Kanalbelegung) bot sich das in diesem Fall sehr gut an um Elektrotechnischen Problemen aus dem Weg zu gehen (da Strom + Wasser = Böse)

Die Splitplatinen sind also nix superspezielles, solche Adapter gibts auch bei Amazon. Bei meinen sind nur noch ein paar Ferritdrosseln drauf und ein paar Kerkos um das Übersprechen zwischen den Aderpaaren zu minimieren, sowie den Wellenwiderstand anzupassen. Ansonsten ist das reine Elektrotechnik mechanischer Art… Das Leiterplattenformat 100mm x 50mm ist bei mir ein interner Fertigungsstandard darauf sind viele Sonderentwicklungen entstanden. Nach mehrfachem Gedankenaustausch mit Raimund, in dem er mir Aufgrund seiner Erfahrung geraten hat möglichst viel zu Standardisieren um Mehraufwand zu vermeiden bin ich bei diesem Leiterplattenformat geblieben. Da ich davon immer einige im Magazin meines Fertigungsautomaten parat habe war die Zeit von der Idee bis zum Layout und bis dann die fertige Leiterplatte aus der Maschine gefallen ist knapp 2 Stunden. So schnell ist Amazon nicht mit liefern, und meine haben auch Löcher zur Befestigung, sowie die notwendigen Ferritklötze um der EMV genüge zu tun. Wobei das meistens auch ohne Funktioniert wenn man es mit der Leitungslänge nicht übertreibt, aber dann halt Störempfindlicher ist.

Ich denke Zur Steckdose muss ich nix Sagen. Einzige Besonderheit ist das vom Erdanschluss im inneren der Steckdose ein Draht auf die Kontaktierschraube der Montageplatte führt um diese Vorschriftsgemäß zu erden. Ansonsten ist das Teil Standard wie es im Großhandel und in jedem Baumarkt für kleines Geld zu kaufen ist.

Nachtrag: David hat das Problem mit dem Upload gestern Abend noch gefunden und behoben. Vielen Dank an dieser Stelle dafür!

Hier die versprochenen Fotos

 

Schaltschrank montiert und mit eingesetzter Montageplatte.

 

Nach dem Patchen. Da die fertigen Patchkabel entweder zu kurz oder zu Lang sind (und das ganze dann ein elendiges Gewühle ist in der Kiste)  habe ich halt selbst vor Ort gepresst. Leitung ist ja mit einer 500m trommel kein Problem…

 

Die Patchkiste hängt grade daneben da hält sich der Aufwand in Grenzen. Da kommt allerdings noch nen Kabelkanal senkrecht hin, ich und auch Raimund haben Berufsbedingt eine sehr große Aversion gegen wild rumhängende Wäscheleinen. Auch weil da früher oder später jemand auf die Idee kommt dran zu ziehen mit den bekannten unschönen Schäden wie rausgerissene Buchsen usw.

 

Weitere Fotos folgen, auch von der Funkstrecke. Die Funkstrecke kann ich allerdings erst ablichten wenn das Wetter wieder anständig ist und man draußen nicht Gefahr läuft zu ersaufen… 🙂

 

Grüße

Rolle

 

 

 

 

 

 

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