Das Großprojekt Lörrach ist nun heute in Betrieb gegangen. Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist soweit alles fertig. Aber der Reihe nach… 🙂
Begonnen hat alles mit einem leider recht alltäglichen Problem im Firmenumfeld. Es wird eine schnelle Internetverbindung benötigt, allerdings ist es schwierig so eine zu bekommen wenn keine benutzbaren Leitungen in der Nähe sind. Konkret wurde der Bedarf an flottem Internet durch mehrere Warenwirtschaftssystem sowie Telemetrieanwendungen ausgelöst. Irgendwann war die 6Mbit Telekomleitung nicht mehr schnell genug. Die Telekom würde sicher gerne mehr an Speed liefern, leider spielt die Physik nicht mit. Leitung zu lang und leider auch zu alt, die Dämpfung und das Übersprechen sind Astronomisch hoch. Da hilft nur der Bagger der die alte Leitung rausholt um diese durch was neues zu ersetzen. Auch Unitymedia kann nicht helfen der nächste Verteiler ist leider auch mehrere 100 Meter weg. Dann gibts da noch die Hauptstrasse wo man drunter durch müsste. Kurz und gut, Baggern kann man vom Aufwand und von den Kosten her leider vergessen! Trotzdem muß das schnelle Netz her. Da die betroffene Firma in der Wiesentalstrasse auch schon im Entenbad das gleiche Problem hatte (im Industriegebiet im Entenbad gibts auch nicht mehr wie 6Mbit, leider), war klar das das auch auf eine Funkbrückenlösung rausläuft. Viele werden es schon erraten haben. Es handelt sich um die Firma Gehring Mineralöl, sowie Gehring Entsorgung. Die Wohnbau Lörrach hatte in der Nähe ein recht großen Gebäude, konkret die Kanderner Strasse 14. Dabei handelt es sich um ein 8 Stöckiges Hochhaus, mit Dachterrasse welche Teilüberdacht ist. Die Wohnbau Lörrach stellte freundlicherweise das Gebäude zur Verfügung, dieses kann ich als als „Antennenmast“ verwenden. Damit da alle was davon haben wurde da gleich ein etwas größeres Netz geplant über das auch Freifunk verteilt wird, sowohl als Meshnetz wie auch als natives Clientnetz (für Geräte ohne Freifunk-Firmware). Eine Richtfunkverbindung auf ein Hochhaus auf dem Salzert wurde auch vorgesehen, damit ist auch dort eine Abdeckung mit Freifunk gegeben. Die Funkstrecken transportieren mehrere VLANs, darin auch ein Telemetrienetz für Hausleittechnik um diese aus der Ferne zu überwachen. Sobald die Planung soweit Stand wurden die Funkstrecken begutachtet. Dazu wurden diese einfach mittels dickem Fernglas mal angesehen. Da bei der Höhe des Gebäudes keine Hindernisse zu erwarten sind, ist eine Messung mittels Messsender nicht unbedingt notwendig. Grundsatz 1: Wo Photonen durchkommen, kommen auch elektromagnetischen Wellen durch 🙂 Wärend der Projektplanung wurde noch eine weitere Bitte herangetragen von Seiten der Wohnbau. In der Mühlestrasse wird ein Internetzugang benötigt für einen Hydrawise Bewässerungscontroller eines begrünten Daches auf einem Neubau. Sichtverbindung ist gegeben also war das soweit mal kein Problem. Besagter Controller benötigt nur minimalst Bandbreite da dieser nur Wetter und Niederschlagsvorhersage abruft aus dem Netz. Das Ergebnis ist das sehr viel Wasser eingespart wird bei der Bewässerung. Da auf dem Dach bei weitem genug Platz ist wurde halt der Mast etwas größer und ein weitere Sender montiert. Dann wurde es interessant, das Wetter war Richtung Ende September nicht das Beste, der Herbst steht vor der Türe! Da bei solchen Dachaktionen das ganze nicht in 1-2 Stunden erledigt ist bin ich natürlich auch sehr vom Wetter abhängig. Regen oder wind ist ärgerlich, aber bei solchen hohen Gebäuden auch gefährlich da es da oben viel mehr zieht wie zwischen den Häusern. Anseilen ist daher Pflicht für alle Beteiligten an der Montage! Dazu gab es erst mal 4 Stabile Sicherungshaken in den Deckenmitte. Dann ging es los. Alles Material rauftragen, Maschinen rauf, Sicherungsmittel ebenso, nicht vergessen das Bauradio. 🙂
Als erstes muss ja der Kabelweg festgelegt werden. Da jeder Sender seine eigene Netzwerkleitung braucht kommt da doch schon einiges zusammen. Also wurde unter dem Dach der Kabelweg mittels dickem M30 Installationsrohr verlegt, da ist auch noch Platz für Reserve drin. Weiterhin liegen die Leitungen absolut ungeschützt auf dem Dach und sind somit der Witterung ausgesetzt, besonders die UV-Strahlung der Sonne ist da sehr Problematisch. Nein die Kabel bekommen keinen Sonnenbrand, schlimmer die fallen nach ein paar Monaten auseinander. Das erzeugt erst sehr instabile Verbindungen wenn es Regnet, danach einen kompletten Zusammenbruch. Die Leitung ist dann hinüber und man hat die Arbeit nochmal, das ganze unter Umständen unter sehr unschönen Wetterbedingungen.
Also wurde Profileitung von Ubiquiti verwendet, nennt sich Ubiquiti Toughcable, nebst passenden Steckern dazu. Die Leitung ist absolut UV und Witterungsfest (US-Amerikanische zertifizierte Outdoorzulassung, wer das Wetter in den USA kennt weiß was das heißt) , hat massive Kupferleiter (keine Verkupferte Aluleiter wie einige Fakeleitungen) und einen sehr massiven doppelten Schirm mit Ableitdraht. Zugegeben Billig ist die Leitung nicht gerade aber Preislich auch nicht überzogen. Geliefert wird die Leitung in einer stabilen Pappkiste mit einer Plastiktrommel drin. Damit hat die Verknoterei beim Abwickeln auch ein Ende. Für Außenanlagen welche Jahrelang in Betrieb bleiben sollen, oder wo Ausfälle absolut nicht tolerabel sind ist besagte Leitung Tiptop. Einen kleinen Nachteil hat die Leitung aber doch, zum Verlegen ist diese nicht so bequem wie ein normales Patchkabel da durch den dicken Kabelmantel das ganze nicht so flexibel ist. Da dies meiner Meinung nach aber der einzige Minuspunkt ist, ist das tolerabel. Anbei mal ein Foto vom Kabelweg (sorry war schon am Dunkel werden und es hat angefangen zu Schütten)
So nun wurde es Ernst. Kabelweg ist soweit klar, also mal sehen wohin mit dem Mast. Vorzugsweise an die Dachkante um die Fresnelzone Freizuhalten, aber so das man diesen von der Strasse her nicht sieht. Der passende Platz war schnell gefunden, dann muss da jetzt das Standrohr hin (=Mast mit Fußplatte, sehr massiv und schwer dafür auch sehr Stabil). Doch das Dach hat unter dem Kies eine dicke Bitumenhaut unter der die Styroporisolation liegt. Da die Befestigung absolut fest sein muß, ist eine Montage auf Styropor oder Bitumen strikt verboten. Das hat auch seinen Grund und der liegt in den Schrauben. Plastikdübel sind für so was verboten, weil diese sich durch die Wechselbelastung (Wind) langsam Lösen. Weiterhin verwittert der Plastik da Beton auch nach Jahrzehnten noch leicht alkalisch ist. Irgendwann stimmen dann dich Funkstrecken nicht mehr weil sich die Sender bewegen oder der komplette Mast geht fliegen… Daher wird die Befestigung mittels Betonzugankern vorgenommen. Diese bestehen komplett aus Edelstahl und haben eine Klemmhülse, je mehr Zug auf die Gewindestange ausgeübt wird, desto mehr verkeilen diese sich im Bohrloch. Nachteilig ist das man diese da auch mit brutalster Gewalt nie mehr rausbekommt. Bei Demontage hilft nur Abflexen der Gewindebolzen und reinklopfen vom Rest. Da solche Befestigungen aber im Normalfall viele Jahre bis Jahrzehnte halten sollen ist das kein Ausschlusskriterium.
Nun ging es los, Der Mastfuß muss direkt auf dem Beton stehen, also wurde die Bitumenhaut aufgeschnitten. Dazu wurde das neue Akkuspielzeug „Säbelsäge“ verwendet. Vor Hand ist es bei ca. 15mm Bitumendicke mit einem Messer nicht möglich das Material zu zerschneiden. Also erst in den Ecken jeweils ein Loch gebohrt damit das Sägeblatt eintauchen kann und dann Sägt es sich recht gut.
So geschnitten wurde, jetzt muss das aber noch „Ausgeräumt“ werden.
Alles Styropor raus bis der Beton freiliegt, dann den Mastfuß mal reinstellen, die Löcher anzeichnen und mittels Akkubohrhammer Bohren (12mm Durchmesser). Anschließend die Anker rein und mittel Hammer reinklopfen.
So letzt kommt der Mast rein, dann die Schrauben erst über Kreuz gut Handfest anziehen. Dadurch verkeilen sich die Zuganker in der Bohrungen und drehen sich nicht mehr mit.
Wenn die Schrauben Handfest sind mittels Ratsche diese richtig fest Anziehen, dabei nicht zu zimperlich sein! M12 verträgt schon was. Wer es ganz genau machen will schaut ins Datenblatt vom Hersteller des Befestigungsmittels was an Drehmoment vorgeschrieben ist. Das ist aber sofern es sich nicht gerade um eine Befestigung eines großen Antennenträgers mit Abspannung handelt meiner Meinung nach nicht unbedingt notwendig. Die Schrauben immer über Kreuz anziehen und das mehrmals da diese sich in den Bohrungen durch den Klemmvorgang setzen. Sind die richtig fest Bewegt sich der Mast keinen Milimeter mehr. Da kann man auch mal zum Testen fest drann rütteln. Das ist die Basis für stabile und zuverlässige Funkstrecken die auch bei schlechtem Wetter nicht zusammenbrechen.
Nun muss das Loch aber wieder verschlossen werden. Ich verwende da immer Bauschaum aus der Dose, vorzugsweise etwas was nicht drückend wirkt (nennt sich Brunnenschaum da man diesen auch zum Brunnenbau verwendet). Gibts in jedem größeren Baumarkt. Also das Loch ausschäumen und das ganze Abbinden lassen. Wir waren solange bei der GTW Kaffee trinken und die ganzen leckeren Süßen Schokobrötchen aufessen. 🙂 Nach einer Stunde also wieder rauf aufs Dach und den rausgequollenen Schaum mittels Messer abschneiden. Jedoch nicht Bündig sondern so das der Schaum nicht höher ist wie das restliche Styropor. Weil jetzt muss das wieder absolut Wasserdicht verschlossen werden.
Dazu gibts Bitumenmasse welche mit einem Lösemittel vermischt ist. Das Zeug stinkt erbärmlich und ist zum verarbeiten etwas widerlich da es wirklich ÜBERALL klebt (als Tip, das Zeug vorher nen paar Stunden ins Warme stellen dann wird es weicher sonst bricht einem da drin der Spachtel ab) Dafür dichtet es zuverlässig über viele Jahre ab. Aber die Versiegelung mittels Heißbitumen (das ist das was die Profidachdecker immer mit der Gasflamme braten) auf einer Styroporisolierten Decke ist für mich ein No-Go! Das Gebäude ist Baujahr 1961 da durfte noch Styropor als Isoliermaterial verwendet werden, welches aber leider sehr gut Brennt! Hantieren mit Feuer kommt da nicht so gut… 🙂 So Dach ist wieder zu, jetzt wird der Mast bestückt.
Hier die Hardware: Mikrotik Dynadish als Hauptsender, Ubiquiti Litebeam als kleine Funkbrücke, sowie zwei CPE510 als Nahbereichsfunkbrücke. Alle Geräte sind mit neuester Firmware geflasht des jeweiligen Herstellers. Weiterhin habe ich die schon vorkonfiguriert nach meiner Planungsliste so das der Laptop nicht mit aufs Nasse Dach muss. Spart Zeit wenn es mal schnell gehen muss weil das Wetter auf einmal nicht mehr mitspielt.
Mast bestückt, grob ausgerichtet und festgezogen (über die Ausrichtung gibt es einen extra Blogeintrag, bei Interesse auch gerne mal einen Workshop mit echter Hardware). Jetzt fehlt aber noch was. Richtig da war noch was mit Kabeln, Funk ist ja toll aber irgendwie braucht es doch noch Kabel. 🙂 Die Messe ich immer aus und bereite das Ende das an die Sender kommt schon am Boden vor mittels Stecker Aufpressen. So kann man das ganze Kabelbündel auf einmal dann einziehen. Aber erst mal die Endpunkte der Funkstrecken zur Erklärung:
Sicht zur Mühlestrasse, direkt unter dem roten Punkt befindet sich das Gebäude wo die Funkbrücke endet.
Sicht zum Salzert (das ist die längste Strecke mit etwas über 3,2 Kilometern) Auch hier bezeichnet der rote Punkt das Gebäude drunter als Ziel.
GTW Firmengebäude. Da hängt der andere Dynadish, da sich dort auch der Offloader (Futro) befindet. Daher muss da die Funkbrücke sehr viel Bandbreite vertragen und dafür ist der Dynadish absolut qualifiziert.
Aber etwas fehlt noch außer den Leitungen. Kabel haben meistens zwei enden. Also muss das andere ende wo keine Sender dranhängen ja noch wo hin. Daher brauchen wir noch ein Schaltschränkchen. Der Einfachheit halber was aus dem Großhandel, in diesem Fall ein Stahlblechschrank von Schneider Electric mit Montageplatte. Da es sich um eine Außenanlage handelt, wo die Sender auch mal nen haufen EMF abbekommen können durch Gewitter usw, ist ein Metallschrank pflicht. Da dieser direkt mit dem Schirm der Netzwerkleitungen in Verbindung steht muß dieser zwingend Geerdet werden, sonst ist beim ersten kleine Gewitter unter Umständen die Anlage nicht mehr funktionsfähig! Auch sollte man die statische Aufladung der Außeninstallation durch Wind usw. nicht vernachlässigen, der sogenannten „Drain wire“ wie Ubiquiti den nennt hat da schon seine sehr wichtige Funktion. Besonders bei sehr trockener Luft können sich da große Spannungen aufbauen. Für uns sind diese nur Ärgerlich, für die Empfindliche HF-Elektronik meistens Tödlich… Diese kann er aber nur erfüllen wenn die unerwünschte elektrische Ladung Richtung Erden weg kann. Erdung ist in diesem Fall ein 6qmm Gelb-Grün am Schaltschrank welches an der Potentialausgleichsschiene angeschlossen wird. Da gibt es bei hohen Gebäuden meistens eine im obersten Stockwerk für die Antriebsmaschine des Aufzuges. Der Mast selbst ist übrigens per Bandschelle mit dem äußeren Blitzschutzableiterdraht verbunden. Man muß da unterscheiden zwischen Blitzschutz (also alles was draußen ist und auch draußen bleiben soll salopp gesagt) und Potentialausgleich welcher der reibungslosen Funktion dient (der Schaltschrank und die Schirmung der Netzwerkleitungen um z.B. die statische Aufladung loszuwerden.). Beides wird nicht miteinander verbunden, man will dem Blitz ja nicht den Weg ins Gebäude zeigen… 🙂
So die Kiste hängt, aber noch ohne „Füllung“. Da ich heute erst komplett in Betrieb gegangen bin und es schon spät war habe ich es nicht geschafft mit meinem Handy Fotos zu machen die man im Netz zeigen kann (zu Dunkel). Daher reiche ich diese die nächsten Tage nach.
Zuletzt noch die Kartenansicht:
Der Funklink zum Salzert ist sehr lang, trotzdem mit knapp 90Mbit Synchron und einem Ping von 4ms noch sehr gut für die Entfernung.
Sobald der Futro in Betrieb ist (momentan hängt noch ein Provisorium dran) macht auch der Durchsatz sicher einen deutlichen Sprung nach oben. Dazu muss dieser aber noch in den Schaltschrank welcher in der GTW hängt und diese Montageplatte ist noch nicht komplett fertig.
Die Liveansicht ist übrigends in der Lörracher Community zu finden auf der Karte. 🙂
Sobald sich neues Ergibt werde ich hier ein Update Posten.
An dieser Stelle aber noch was sehr wichtiges. Ein Danke an die Firmen die das ganze erst möglich gemacht haben. Da wären die Städtische Wohnbau die das Gebäude für die Funkbrücke beisteuert, sowie die Firma Gehring welche den Internetzugang sowie einen Teil Montagematerial bezahlt. Nicht zu vergessen Unitymedia die den Business-Internetzugang schließlich liefert (400Mbit, also den größten).
Grüße
Rolle