Wie uns durch Netzaktivisten und Freifunker aus der Schweiz berichtet wurde, ist die schweizerische Überwachungsbehörde (Dienst ÜPF) der Auffassung, das Angebot von Freifunk mache Freifunk zum „Fernmeldedienstanbieter (Art. 2 lit. b BÜPF) mit «professionell betriebenen öffentlichen WLAN-Zugangspunkten»“ im Sinne der schweizerischen Überwachungsgesetzgebung (vgl. dazu auch die Information des Fachanwalts Herrn Martin Steiger, Zürich). Freifunk Dreiländereck e.V. (FF3L) kann diese Gründe nicht nachvollziehen und lehnt die Begründung als unzutreffend ab.
In einem vom Dienst ÜPF selbst herausgegebenen Merkblatt WLAN beschreibt der Dienst die Voraussetzungen, wann ein Anbieter eines offenen WLAN „Fernmeldedienstanbieter mit «professionell betriebenen öffentlichen WLAN-Zugangspunkten»“ ist.
Im Hinblick auf FF3L ist festzustellen, dass der Verein selbst keine WLAN Zugangspunkte auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreibt und damit von vorne herein nicht Gegenstand der Betrachtung des Dienstes ÜPF im Zusammenhang mit «professionell betriebenen öffentlichen WLAN-Zugangspunkten» sein kann.
FF3L stellt Interessierten einen Zugang zu von ihm gemieteten Servern via VPN in das nichtöffentliche Freifunk-Netz und über Gateway-Dienste auch zum Internet zur Verfügung. Der Betrieb und die Nutzung von VPN ist selbst in der netzpolitisch restriktiven Schweiz bisher – soweit uns bekannt – nach wie vor legal, selbst wenn man sich mit einem Server verbindet, der im Ausland betrieben wird. Einschränkungen in diesen Bereichen sind uns bisher nur aus Ländern wie Nordkorea, China und anderen autokratisch geführten Ländern bekannt.
Um den Zugang zum Netz von FF3L zu erleichtern, gibt es eine durch die deutsche Freifunk-Community entwickelte Router-Firmware, die auf OpenWRT bzw. LEDE (einer freien Software als Betriebssystem des Routers) basiert und um spezifische lokale Konfigurationsbestandteile ergänzt wird.
Wer auf komfortable Art ein freies und offenes WLAN sicher betreiben will und Zugang zum deutschen Freifunk-Netz haben möchte, lädt diese Firmware von Servern des FF3L herunter und speichert diese auf dem selbst erworbenen handelsüblichen Router. Es besteht aber auch die Möglichkeit mit selbst kompilierter Firmware auf dem eigenen Router die Verbindung in das FF3L-Netz zu realisieren.
Besitzer und Betreiber des Routers ist also immer und in jedem Fall, auch in der Schweiz, der jeweilige Käufer des Routers, der denselben auch mit einer geeigneten Firmware versieht (z.B. die von FF3L bereitgestellten Varianten), an seinen eigenen Internetzugang anschließt und somit betreibt.
FF3L handelt nicht mit Routern und hat am Betrieb des FF3L-Netzes keinerlei wirtschaftliches Interesse, sondern bietet dies an, um seine Vereinsziele wie Forschung, Bildung und Wissenserwerb im Zusammenhang mit dem Betrieb, der Nutzung und Optimierung von freien, dezentralen Netzen zu ermöglichen.
FF3L hat keine Zugangsmöglichkeit auf einzelne in Betrieb befindliche Router in der Schweiz. Daten der Nutzer werden nur im technisch unvermeidlichen Rahmen zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes erhoben. Da die Notwendigkeit der Abrechnung bei FF3L als kostenlosem Service nicht gegeben ist, darf er deshalb nach geltenden Datenschutzgrundsätzen auch nicht mehr (keine legitime Nutzung persönlicher Daten, keine Einwilligung in eine solche Nutzung, also ist dem Grundsatz der Datenvermeidung zu folgen).
Auch bei den Nutzern von Freifunk in der Schweiz, handelt es sich – soweit diese uns bekannt sind – um technikinteressierte Privatpersonen, Museen, gastronomische Einrichtungen und ähnliche Betreiber, die in den Beispielen des Merkblattes WLAN ausdrücklich als „WLAN-Zugangspunkte ohne Identifikationspflicht“, wegen Fehlens des Merkmals „professioneller Betrieb“, genannt sind und die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, wie FF3L ihn versteht, von der Überwachungspflicht ausgenommen sind.
Sollte das Kriterium „automatische Updates“, welches beim Betrieb eines Routers an einem einzelnen Standort aus Sicht von FF3L als einziges für einen möglichen „professionellen Betrieb“ in Betracht kommen könnte, für den Dienst ÜPF das entscheidende sein, aufgrund dessen der Dienst zum Ergebnis käme, es könne sich bei Freifunk um «professionell betriebene öffentliche WLAN-Zugangspunkte» handeln, empfehlen wir unseren Freifunk-Freunden in der Schweiz, die Auto-Update-Funktion der FF3L-Firmware zu deaktivieren und so den unprofessionellen Betrieb, auch für den Dienst ÜPF, leichter erkennbar zu machen.
Allen Interessenten in der Schweiz legen wir trotzdem das gründliche Studium des eigentlich sehr gut verständlichen Merkblattes WLAN ans Herz, um sicher zu gehen, dass alle Bedingungen erfüllt sind, um von der „Informationspflicht“, auch bekannt als Überwachungspflicht, befreit zu sein. Im Zweifelsfall empfehlen wir, die rechtliche Unterstützung eines kompetenten, schweizerischen Medienanwalts in Anspruch zu nehmen, der – im Gegensatz zu FF3L – kompetenter Ansprechpartner für eine rechtliche Beratung in Fragen des Schweizerischen Überwachungsrechts sein kann.
Freifunk Dreiländereck e.V. richtet sich auch künftig mit seinem Angebot an alle Interessierten und wird von sich aus niemanden von seinen Diensten ausschließen, der diese unter den minimalen Bedingungen des Pico-Peering-Agreements nutzt.
Wir haben die Hoffnung, dass mit diesen zusätzlichen Erläuterungen, sowohl bei den aktiven Freifunkern in der Schweiz, als auch beim für die Überwachung zuständigen Dienst ÜPF, die notwendige Klarheit für eine sachgerechte Bewertung von Freifunk geschaffen werden kann.
Nachtrag: diese Information gilt ausschließlich für den Verein Freifunk Dreiländereck e.V.. In der Schweiz, werden auch Router mit Firmware anderer Freifunk-Communities (ebenfalls mit der „Freifunk“) betrieben, die möglicherweise eine andere Sicht auf die Entscheidung des Dienstes ÜPF haben. FF3L ist aus rechtlicher Sicht weder ermächtigt noch berechtigt, in deren Namen Erklärungen abzugeben.
Die Frage, ob sich die Regulierung gegen eine einzelne Freifunk-Community, die verwendete SSID „Freifunk“ im Allgemeinen, oder den Einsatz von Router-Firmware mit spezifischen Eigenschaften richtet, ist aus unserer Sicht völlig ungeklärt und wird dies wohl auch bleiben, so lange bis ein Bürger der Schweiz diese Klärung bei der zuständigen Stelle herbeiführt.
Man kann davon ausgehen, dass das Ziel der unpräzisen Ansage der Überwacher war, genau solche Verunsicherung zu schaffen. Gelingen sollte ihnen dieses nicht.